Landtagswahl am 1. September 2024

WAHLPRÜFSTEINE THÜRINGEN

Das Bündnis Ökonomische Bildung Deutschland (BÖB) ist ein von Lehrkräften, Verbänden, Stiftungen, Wirtschaft und Wissenschaft getragener gemeinnütziger Verein. Unser Ziel ist die Stärkung der Ökonomischen Bildung als Lösungsfaktor zur Bewältigung aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen und Förderung von Teilhabe und Chancengerechtigkeit. Deswegen geben wir dem Anliegen der Ökonomischen Bildung eine
Stimme, schärfen das gesellschaftliche Bewusstsein für die grundlegende Bedeutung der Ökonomischen Bildung, fördern die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Hochschulen, Behörden, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft und schaffen Gelegenheiten zum Austausch von Erfahrungen und Best Practices. Mit den folgenden Fragen haben wir uns an ausgewählte Parteien gewendet, die sich um den Einzug in den 8. Landtag des Landes Thüringen bewerben. Die Antworten der FDP stehen noch aus. Wir werden sie in Kürze hier veröffentlichen. 

1. Stellenwert von Ökonomischer Bildung

Welchen Stellenwert hat für Ihre Partei die Ökonomische Bildung an thüringer Schulen?

Antwort der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für uns Bündnisgrüne hat die ökonomische Bildung in Schulen eine bedeutende Rolle, da sie Schüler*innen befähigt, sich in einer zunehmend komplexen und globalisierten Wirtschaftswelt zurechtzufinden, die auch Auswirkungen auf individuelle Lebenswelten hat. Wir setzen uns für eine Vermittlung von Kompetenzen im Bereich Ökonomie ein, die sowohl soziale als auch ökologische Aspekte integriert. Ökonomische Bildung soll dabei nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit anderen Schlüsselwerten und -kompetenzen wie Selbstorganisation, Kritisches Denken, Nachhaltigkeit, Demokratie und Digitalisierung vermittelt werden.

Antwort der CDU

Die ökonomische Bildung hat für uns einen hohen Stellenwert, damit Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, wirtschaftliche Zusammenhänge und grundsätzliche Rahmenbedingungen des wirtschaftlichen Lebens in unserer Gesellschaft, die in den einzelnen Fächern vermittelt werden, mit dem entsprechenden Praxisbezug zu verstehen. Ein Mangel an Verständnis für die Zusammenhänge sorgt regelmäßig für Missverständnisse und Fehlannahmen über das System der Marktwirtschaft und seine Wirkungen. Ökonomische Bildung, insbesondere im Bereich Finanzen, ist zudem eine wichtige Alltagsfähigkeit.

Antwort der FDP

Noch nicht erhalten.

Antwort der SPD

Ökonomische Bildung an Schulen, verstanden als schulische Vermittlung ökonomischer Sachverhalte, Arbeitsweltbezug, Berufsorientierung und Berufswahlvorbereitung, besitzt für die SPD traditionell einen großen Stellenwert. In der aktuellen Legislaturperiode haben wir daher gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern einen Vorschlag der Thüringer Wirtschaften und der Gewerkschaften aufgegriffen und im Thüringer Schulgesetz für die Regelschulen praxisorientiertes Lernen und berufliche Orientierung als durchgängiges und fächerübergreifendes Prinzip des Unterrichts festgeschrieben.

2. Verankerung von Ökonomischer Bildung

Experten empfehlen als Mindeststandard, ökonomische Bildungsinhalte in allen Schulformen in der Sekundarstufe I jeweils mit 200 Unterrichtsstd. zu verankern. Welche Maßnahmen streben Sie an, um die Ökonomische Bildung in allen Schularten in diesem Umfang im Unterricht zu verankern?

Antwort BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
In Thüringen haben wir in den Fächern mit ökonomischen Bildungsinhalten bereits einen hohen Stundenanteil. In den Regelschulen werden in den Klassen 7 bis 9 insgesamt 240 Unterrichtsstunden im Fach Wirtschaft-Recht-Technik angeboten. In Gymnasien und Gemeinschaftsschulen sind es insgesamt 120 Unterrichtsstunden im Fach Wirtschaft und Recht, wo das Fach jedoch auch in der gymnasialen Oberstufe weiter belegt werden kann. Hinzu kommen noch Bildungsinhalte im Wahlpflichtbereich. Die Diskussion um die Stundentafel im Zuge der jüngsten Novellierung der Thüringer Schulordnung zeigte jedoch die Grenzen der starren Stundenkontingente und einer bereits hohen Anzahl an Wochenstunden für die Schüler*innen auf. Um den vielfältigen Anforderungen der heutigen Zeit gerecht zu werden, ist es notwendig, über starre Fächergrenzen hinauszudenken. Statt weitere fixe Stundenkontingente für ökonomische Bildung festzulegen, setzen wir auf eine Weiterentwicklung der Lehrpläne hin zu mehr Flexibilität sowie selbstorganisiertem und fächerübergreifendem, projektorientiertem Lernen. Dies ermöglicht eine ganzheitliche Vermittlung von ökonomischen, sozialen und ökologischen Kompetenzen, die nicht nur die bildungswissenschaftlichen und fachlichen Anforderungen erfüllt, sondern auch den realen Bedürfnissen der Schüler*innen gerecht wird. Unser Ziel ist es, Bildung so zu gestalten, dass sie zukunftsfähig ist und die Schüler*innen bestmöglich auf die Herausforderungen von morgen vorbereitet.
Antwort der CDU

Um die Mindeststandards für ökonomische Bildungsinhalte in der Sekundarstufe I anzupassen, wäre u.a. eine Lehrplananpassung erforderlich. Damit könnten die Inhalte in den relevanten Fächern zielgenauer implementiert werden. Auch könnte geprüft werden, inwieweit Anpassungen an die Stundentafel ermöglicht werden können, um ökonomische Bildungsinhalte stärker zu berücksichtigen. Darüber hinaus wäre eine Ausweitung der fachübergreifenden Projektarbeit sinnvoll, um das Themenfeld breiter innerhalb des Unterrichts und der unterschiedlichen Fächer zu verankern. Das heißt auch, dass Ideen ökonomischer Bildung nicht auf ein Fach „Wirtschaft“ beschränkt bleiben.

Antwort der FDP

Noch nicht erhalten.

Antwort der SPD
Die Thüringer Rahmenstundentafeln für die Schularten der Sekundarstufen I und II gehören bereits jetzt zu den umfangreichsten und komplexesten bundesweit. Für die Schüler:innen ist damit ein immenser „Workload“, für die Lehrer:innen eine hohe Arbeitsbelastung verbunden. Eine weitere Stärkung bestimmter Unterrichtsfächer und Themenfelder wird daher nur möglich sein, wenn es an anderer Stelle zu Entlastungen kommt. Wie die im letzten Jahr über die vom Bildungsministerium angestrebte Reform der Rahmenstundentafeln geführte fachliche und öffentliche Diskussion gezeigt hat, ist gerade dieser Prozess des Austarierens von Stärkungen und Entlastungen äußerst diffizil.

3. Initiative Finanzielle Bildung

Die Bundesbildungsministerin und der Bundesfinanzminister haben die Initiative Finanzielle Bildung gegründet und entwickeln eine nationale Finanzbildungsstrategie. Wie stellen Sie sicher, dass Schulen zukünftig in die Strategie integriert werden und Zugang zu finanzieller Bildung erhalten?

Antwort BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen uns dafür ein, dass finanzielle Bildung in Thüringen verantwortungsvoll und im Kontext einer ganzheitlichen, lebensnahen Bildung vermittelt wird. Schüler*innen sollen lernen, wie sie im Alltag bewusst und reflektiert mit Geld umgehen. Dabei ist es uns wichtig, dass sie auch die sozialen, ethischen und ökologischen Aspekte ihrer finanziellen Entscheidungen ebenso wie die Auswirkungen globaler Finanzströme und -märkte auf ihre Lebenswelt verstehen. Schulen könnten in eine mögliche nationale Finanzbildungsstrategie eingebunden werden, indem finanzielle Bildung in fächerübergreifende Lernkonzepte integriert wird. Lehrkräfte würden durch geeignete Fortbildungen und Materialien unterstützt, um diese Themen zu vermitteln. Unser Ziel ist es, dass finanzielle Bildung im Einklang mit anderen wichtigen Bildungszielen steht und Schüler*innen nicht nur technisches Wissen, sondern auch die Fähigkeit vermittelt wird, kritisch zu hinterfragen und verantwortungsbewusst zu handeln.
Antwort der CDU
Die stärkere Vermittlung von finanzieller Bildung halten wir als CDU Thüringen für wichtig und überfällig. Im Rahmen der Entwicklung der nationalen Finanzbildungsstrategie ist es notwendig, dass sich auch die Vertreter der Bundesländer an den initiierten Prozessen des BMBF und BMF unmittelbar beteiligen. Dabei wird sich Thüringen bei der Erarbeitung und der praktischen Ausgestaltung innerhalb der Gremien der Kultusministerkonferenz einbringen.
Antwort der FDP

Noch nicht erhalten.

Antwort der SPD
Sobald diese nationale Finanzbildungsstrategie vorliegen wird, also deren Zielsetzungen, Schwerpunkte und didaktischen Herangehensweisen konkret geworden sind, werden wir deren Integration in alle Phasen der Thüringer Lehrer:innenbildung, in die Lehrpläne und die Schulpraxis der einzelnen in der Strategie adressierten Schularten prüfen.

4. Ausbildung der Wirtschaftslehrkräfte

Wirtschaftswissenschaftlich und -didaktisch grundständig ausgebildete Lehrkräfte gewährleisten ein hohes Niveau im Wirtschaftsunterricht. Wie stellen Sie sicher, dass Wirtschaftsunterricht durch gut ausgebildete Lehrkräfte realisiert und fachfremder Unterricht vermieden wird?
Antwort BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Für uns von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist es wichtig, dass jeder Unterricht, einschließlich des Wirtschaftsunterrichts, von fachdidaktisch entsprechend ausgebildeten Lehrkräften durchgeführt wird, um ein hohes Bildungsniveau sicherzustellen und fachfremden Unterricht zu vermeiden. Wir setzen uns daher für eine umfassende Reform und Stärkung der Lehramtsausbildung ein. Diese Reform soll eine praxisnahe und fächerübergreifende Ausbildung der Lehrkräfte fördern, bei der wirtschaftliche Inhalte eng mit anderen gesellschaftswissenschaftlichen Fächern verknüpft werden, um eine ganzheitliche Bildung zu gewährleisten. Wir sehen auch die wertvolle Rolle von Seiteneinsteiger*innen, die mit ihrer Praxiserfahrung eine Bereicherung für den Unterricht darstellen können, gerade auch im Bereich Wirtschaft. Diese Lehrkräfte sollten durch gezielte Nachqualifizierungsprogramme unterstützt werden, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen des Unterrichts gerecht werden und ihre beruflichen Erfahrungen effektiv in die Lehre einbringen können. Eine praxisnahe und kontinuierliche Weiterbildung ist dabei essenziell, damit alle Lehrkräfte, ob klassisch ausgebildet oder als Seiteneinsteiger*innen, den aktuellen Entwicklungen in der Wirtschaft gerecht werden und diese kompetent an die Schüler*innen vermitteln können. 
Antwort der CDU

Um das Niveau des Wirtschaftsunterrichts langfristig abzusichern bzw. perspektivisch zu stärken, ist es notwendig, ausreichend ausgebildete Wirtschaftslehrkräfte für unsere Schulen zu haben. Deshalb werden wir die Einstellungsverfahren generell vereinfachen, damit Thüringen im Wettbewerb um neue Lehrer attraktiver wird und Einstellungen schnellstmöglich durchgeführt werden. Zudem wollen wir die Ausbildungskapazitäten an den Universitäten erhöhen und ein attraktives und wettbewerbsfähiges Zulagensystem für Lehrkräfte einführen. Darüber hinaus setzen wir auf eine Lehrkraft-Personalausstattung von 105 Prozent an jeder Schule und wollen, dass sich Lehrer wieder auf den Unterricht und die Arbeit mit den Schülern konzentrieren können. Hierzu wollen wir bürokratische Lasten und Zettelwirtschaft abbauen. Oberste Prämisse ist für uns, dass der Lehrplan vollumfänglich abgesichert ist und fachfremder Unterricht weitestgehend vermieden wird.

Antwort der FDP

Noch nicht erhalten.

Antwort der SPD
Lehrer:innenmangel und Stundenausfall sind ein bundesweites Problem, vor dem auch Thüringen nicht verschont bleibt. Wir müssen daher in den kommenden Jahren alle Möglichkeiten nutzen, um die Schulen mit dem benötigten Lehrpersonal auszustatten und die Unterrichtsversorgung weiterhin in der Fläche aufrechtzuerhalten. Priorität hat für uns dabei, ausreichend grundständig qualifizierte Lehrer:innen für den Schuldienst auszubilden und einzustellen. Wir wissen aber auch, dass in den nächsten Jahren nicht ausreichend Absolvent:innen zur Verfügung stehen werden. Deshalb benötigen wir weiter Seiteneinsteiger:innen für den Schuldienst. Vor dem Einsatz im Unterricht müssen die Seiteneinsteiger:innen ausreichend qualifiziert werden. Während des Einsatzes wollen wir ihnen ein Unterstützungssystem zur Seite stellen. Nach einer Bewährungsphase wollen wir ihnen nach einer erfolgreichen Lehrprüfung auch die Möglichkeit der Verbeamtung eröffnen.

5. Berufsorientierung an Schulen

Was planen Sie, um die Berufsorientierung an Schulen zu stärken und frühzeitig ein Matching von Neigungen, Fähigkeiten und Wünschen der Schülerinnen und Schüler mit den Möglichkeiten des Bildungssystems und den Anforderungen des Arbeitsmarktes zu erreichen?
Antwort BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Wir Bündnisgrünen wollen die Berufsorientierung mit außerschulischen Praxispartner*innen bereits frühzeitig in der Schullaufbahn ausbauen, um junge Menschen gut in ihrem Prozess der Berufswahl zu begleiten. Wir befürworten verstärkte Kooperationen mit Unternehmen, z.B. durch Lernen am anderen Ort oder langfristig wöchentlich stattfindende Praxistage, die einen tieferen Einblick in ein Unternehmen und die Arbeit in diesem ermöglichen. Damit stärken wir auch das Lernen außerhalb des Schulgebäudes und setzen uns für den Ausbau des handwerklichen und praxisorientierten Lernens durch zusätzliche Wahlpflichtangebote (Lokale Praxis-Netzwerke) ein. Dies hilft nicht nur dabei, praxisnahes Lernen zu fördern, sondern auch, individuelle Interessen und Stärken besser zu erkennen und zu entwickeln. Darüber hinaus ist es uns wichtig, dass Berufsorientierung nicht isoliert, sondern integriert in ein ganzheitliches Bildungskonzept erfolgt. Dazu gehören auch Angebote im Wahlpflichtbereich und fächerübergreifende Ansätze, die den Schüler*innen ein breites Spektrum an Kompetenzen vermitteln und sie auf die vielfältigen Anforderungen des Berufslebens vorbereiten. Unser Ziel ist es, dass kein*e Schüler*in die Schule ohne Anschluss verlässt und jede*r einen klaren Weg in die Berufstätigkeit findet. Daher setzen wir uns für eine praxisnahe, vielfältige und individuell abgestimmte Berufsorientierung an allen Schulen ein.
Antwort der CDU

Wir wollen die Berufsorientierung stärken und Rahmenbedingungen schaffen, damit Berufsmöglichkeiten sowie Karriereoptionen im Unterricht besser vermittelt werden. Projekte der Berufsorientierung, die eine stärkere Zusammenarbeit von Unternehmen, Schulen und Schülern ermöglichen, wie z. B. Jugend-Unternehmenswerkstätten oder Praxiskoordinatoren, werden wir ausbauen. Zusätzlich wollen wir den „Tag in der Praxis“ thüringenweit einführen und Unterricht durch Praktiker einfacher ermöglichen.

Antwort der FDP

Noch keine Antwort erhalten.

Antwort der SPD
Der Übergang von der Schule in die Ausbildung ist noch viel zu oft die Hürde, an der viele Jugendliche der Übergang in eine selbstbestimmte Zukunft erschwert wird und Betriebe ihre zukünftigen Fachkräfte verlieren. Wir werden die vielfältigen Beratungs- und Unterstützungsinstrumente für Betriebe sowie Bewerberinnen und Bewerber bedarfsgerecht ausbauen und verstärken. Dazu gehört für uns auch, das Konzept der Produktionsschulen in Thüringen pilothaft zu erproben und bei Erfolg flächendeckend einzuführen.