Bürgerschaftswahl am 14. Mai 2023

WAHLPRÜFSTEINE BREMEN

Das Bündnis Ökonomische Bildung Deutschland (BÖB) ist ein von Lehrkräften, Verbänden, Stiftungen, Wirtschaft und Wissenschaft getragener gemeinnütziger Verein. Unser Ziel ist die Stärkung der Ökonomischen Bildung als Lösungsfaktor zur Bewältigung aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen und Förderung von Teilhabe und Chancengerechtigkeit. Deswegen geben wir dem Anliegen der Ökonomischen Bildung eine Stimme, schärfen das gesellschaftliche Bewusstsein für die grundlegende Bedeutung der ökonomischen Bildung, fördern die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Hochschulen, Behörden, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft und schaffen Gelegenheiten zum Austausch von Erfahrungen und Best Practices. Mit den folgenden Fragen haben wir uns an ausgewählte Parteien gewendet, die sich um den Einzug in die Bürgerschaft des Stadtstaates Bremen bewerben.

1. Ziele Ökonomischer Bildung

Ökonomische Bildung ist Bestandteil einer zeitgemäßen Allgemeinbildung und Schlüssel zu Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit. Wirtschaftliche Kompetenzen sind notwendige Grundlagen für ein selbstbestimmtes, mündiges Leben. Wie stellen Sie sicher, dass junge Menschen Ökonomische Bildung erhalten?

Antwort BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ökonomische Bildung ist aus Sicht der Grünen sehr wichtig, da sie ein entscheidender Teil der Allgemeinbildung ist. Mit ihr ist das Ziel verbunden, junge Menschen auf den Übergang in ein eigenständiges Leben vorzubereiten. Wir erwarten von den Schulen, dass zentrale Fragen wie ein richtiges Haushaltsmanagement, Verbraucherschutz, Grundlagenwissen über den Aufbau von Unternehmen, das Thema nachhaltiges Wirtschaften, Strukturwandel und Globalisierung sinnvoll und umfänglich in den Unterricht integriert werden. Wir begrüßen es daher, dass ökonomische Bildung in den Fächern Wirtschaft, Arbeit und Technik in der Sekundarstufe I und vertiefend in Wirtschaftslehre in der Sekundarstufe II behandelt wird und gehen davon aus, dass dies in den Schulen auch entsprechend verantwortlich umgesetzt wird.

Antwort der CDU

Als CDU Bremen sind wir uns über die Bedeutung von ökonomischer Bildung an unseren Schulen bewusst. Wir werden daher dafür Sorge tragen, dass unsere hiesigen Schülerinnen und Schüler in jedem Fall grundlegende wirtschaftliche Konzepte wie Angebot und Nachfrage, Wirtschaftszyklen, Steuern, Budgetierung und Investitionen erlernen. Dies geschieht adressatenspezifisch über alle Schulformen, durchaus auch handlungspraktisch und alterskonform. So werden wir den Werkunterricht im Rahmen des Sachunterricht an der Grundschule sowie des Schulfach Wirtschaft-Arbeit-Technik (WAT) in der Sekundarstufe I stärken und ein Schulfach „Lebenskunde“ neu etablieren. Zudem werden wir das berufliche Gymnasium weiter gezielt fördern.

Antwort der FDP

Wir wollen das Fach Wirtschaft, Arbeit, Technik (WAT) grundlegend überarbeiten. Bisher sind in  WAT kaum Verbindlichkeiten geregelt, so dass es  mehr oder weniger Zufall ist, ob ein Kind ökonomische Bildung tatsächlich auch erhält. Wir wollen ein Mindestumfang an Wirtschaft festlegen und auch die Inhalte am alltäglichen Leben ausrichten: Kredite und Zinsen, Mieten und Nebenkosten, Einnahmen und Ausgaben im Haushalt, Versicherungsleistung und -kosten können hier Themen sein.

Antwort der SPD

Ökonomische Bildung ist aus Sicht der SPD ein wichtiger Bestandteil politischer Bildung und soll innerhalb dieser zur Emanzipation des Subjekts, der Entwicklung von Mündigkeit und Teilhabe beitragen. In Bremen beginnt die Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Themen daher bereits im Sachunterricht in der Grundschule ab Klasse 1, setzt sich dann fort in den Oberschulen und Gymnasien in der Sekundarstufe I in der in den Lernbereichen „Gesellschaft und Politik (GUP)“ und im Ankerfach „Wirtschaft, Arbeit und Technik (WAT)“ bzw. in den Lernbereichen „Gesellschaft – Politik/Geographie, Geschichte, Politik“. In der SEK II können Schüler*innen das Fach Wirtschaft als Grundkurs oder Leistungskurs anwählen. Wir wollen Schüler*innen nicht nur Wissen über die Grundlagen der Wirtschaftsordnung und -politik vermitteln, sondern auch, dass sie ihre Rolle als Verbraucher*innen und Konsument*innen kritisch reflektieren, individuelle Berufs- und Lebensperspektiven entwickeln und ihre Rechte als Arbeitnehmer*innen kennen.

2. Stärkung der Ökonomischen Bildung im allgemeinbildenden Schulwesen

In der Oberschule und im Gymnasium verfehlt die Unterrichtszeit die Empfehlung von sechs Kontingentstunden eines normalen Nebenfachs im Pflichtbereich der Sekundarstufe I. Welche Schritte unternehmen Sie, um eine empfohlene Stärkung der Ökonomischen Bildung in allen Schulformen voranzutreiben?

Antwort BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Statt curricularer Trennung der Fächer und der Unterteilung des Lernens in Fachunterricht bedarf es aus Sicht der Grünen einer curricularen Verankerung von übergeordneten Querschnittsthemen und Fragestellungen im Unterricht. Themen sollten aus verschiedenen Perspektiven behandelt werden, da sie häufig sehr komplex sind und die vielschichtigen notwendigen Kompetenzen – etwa im Rahmen des Projektunterrichts – angeeignet werden können; so auch und gerade im Bereich ökonomischer Bildung. Solche gesellschaftlichen Schlüsselprobleme können z. B. Themen wie eine ökologisch nachhaltige Welt, die die Klimakrise auf unter 1,5°C begrenzt, Demokratie und Partizipation als Grundsätze allen Zusammenlebens oder Frieden und internationale Zusammenarbeit sein. Wichtig ist, dass Schüler*innen die Bedeutung von ökonomischer Bildung erfahren und sich hierfür notwendige fachliche Kompetenzen aneignen.

Antwort der CDU

Die Fragen 1 und 2 wurden zusammen beantwortet.

Antwort der FDP

Die Fragen 1 und 2 wurden zusammen beantwortet.

Antwort der SPD

Aus SPD-Sicht wird ein vollständiges Wissen am besten in den Integrationsfächern vermittelt, weil hier ökonomische Sachverhalte im politischen und sozialen Kontext erörtet werden, damit Kinder und Jugendliche dazu befähigt werden, das bestehende Wirtschaftsystem und ökonomische Machtstrukturen auch kritisch zu hinterfragen. Im Sinne eines emanzipatorisch-kritischen Ansatzes geht es für uns hier immer auch darum, die Veränderbarkeit der Gesellschaft bewusst zu machen und deren Mitgestaltung durch mündige Bürger zu fördern. So wird ökonomische Bildung bewusst im Rahmen mehrerer Fächer mit ihrem jeweils fachlichen Akzent vermittelt. Wirtschaftliche Zusammenhänge in ihrer historischen, gegrafischen und politischen Dimension finden sich in den Bildungsplänen der Teilbereiche Geographie, Geschichte und Politik – hier sind etwa an Oberschulen in den Kl. 5-10 eine Mindestsumme von 17 Stunden vorgesehen, für das Ankerfach für die Vermittlung wirtschaftlicher Kenntnisse „Wirtschaft, Arbeit, Technik (WAT)“ mindestens 7 Stunden.

3. Wirtschaftswissenschaftliche und wirtschaftsdidaktische Ausbildung der Lehrkräfte

Wirtschaftswissenschaftlich und -didaktisch grundständig ausgebildete Lehrkräfte gewährleisten ein hohes Niveau im Wirtschaftsunterricht. Wie fördern Sie in Bremen die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften für das Fachgebiet Wirtschaft ohne universitäre Lehramtsstudiengänge?

Antwort BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wir haben ein großes Interesse daran, ausgebildete Lehrkräfte für das Fachgebiet Wirtschaft aus Niedersachsen und den anderen Bundesländern zu gewinnen. Hier gilt es, diese noch direkter anzusprechen. Wir wollen weiterhin den Zugang für zugewanderte Lehrkräfte, Seiten- und Quereinsteiger*innen verbessern und beschleunigen, z. B. über die Öffnung des Schuldienstes für Lehrkräfte mit nur einem Unterrichtsfach, eine sinnvolle Anpassung von Qualifikationshürden und des geforderten Sprachniveaus für ausländische Lehrkräfte.

Antwort der CDU

Unsere Lehrkräfte an Bremer Schulen sollen Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Wirtschaftsunterrichts dazu befähigen, die sich ständig verändernden ökonomischen Rahmenbedingungen und komplexen weltwirtschaftlichen Zusammenhänge zu durchdringen. Für das Fach WAT wollen wir an der Universität Bremen wieder Lehrkräfte ausbilden. Darüber hinaus wollen wir unterrichtende Lehrkräfte dazu in die Lage versetzen, sich regelmäßig fortzubilden und sich hiermit auf dem neuesten Stand zu halten. Wir sind uns hierüber bewusst und werden entsprechende Angebote vorhalten. Zudem werden wir auch die Teilnahme an Fachtagungen fördern, die Lehrkräften z. B. im Fachgebiet Wirtschaft die Möglichkeit bieten, sich mit anderen Fachleuten zu vernetzen, aktuelle Themen und Entwicklungen zu diskutieren und neue Ideen und Ansätze zu erfahren. Auch im unmittelbaren Austausch zwischen unseren Schulen und vor allem ortsansässigen Wirtschaftsunternehmen als außerschulische Lernorte sehen wir in diesem Zusammenhang wertvolle Impulse.

Antwort der FDP

Natürlich wollen wir die Ökonomische Bildung auch als Teil der Lehramtsstudiengänge etablieren. Der Fachkräftebedarf an Lehrkräften allgemein ist riesig. Daher wollen wir die Studierendenzahlen steigern und auch das Fach Wirtschaft stärker in der universitären Ausbildung verankern.

Antwort der SPD

In Bremen bietet das Landesinstitut für Schule (LIS) seit dem Schuljahr 2020/21 eine umfassende zweijährige Qualifizierung für Lehrkräfte an, die das Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik fachfremd unterrichten oder unterrichten wollen. Am 15. Mai 2023 startet eine neue Qualifizierungsreihe mit einem Umfang von 100 Fortbildungsstunden, die sowohl Fortbildungen mit einem starken Praxisbezug als auch Fortbildungen mit thematischen Anregungen für den Unterricht umfasst. Dazu bietet das LIS eine weitere Qualifizierungsreihe „Berufliche Orientierung – für BO-Kräfte und an BO interessierte Lehrkräfte“, ein großes Konzept zur Verbraucherbildung, was über die Berufsorientierungskräfte an den Schulen verbreitet wird, und Fortbildungen zu Schülerfirmen bzw. zum Schwerpunkt „Unternehmerische Selbständigkeit“ und umfangreiches Material, um Wirtschaft digital zu unterrichten.

4. Bezüge für Schülerinnen und Schüler zur Arbeitswelt herstellen

Praktika und Hospitationen helfen beim Verstehen ökonomischer Sachverhalte wie auch bei der Berufsorientierung. Wie stellen Sie für Schülerinnen und Schüler insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels Bezüge zur Arbeitswelt her und reduzieren Abbrecherquoten?

Antwort BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Eine intensivere berufliche Orientierung an den allgemeinbildenden Schulen ist notwendig, um mehr junge Menschen für eine duale Ausbildung zu gewinnen. In der Berufsorientierung finden Jugendliche Unterstützung bei der Suche nach dem richtigen Ausbildungsberuf. Sie muss an allen Schulformen stattfinden und die Schüler*innen abschluss- und geschlechterunabhängig gleichermaßen ansprechen. Es ist hierbei aber wichtig, dass eine Berufswahlorientierung schon sehr früh in der Schule beginnt und spätestens ab der 7. Jahrgangsstufe verstärkt einsetzt. Praktika und Hospitationen sind hierfür Bausteine und es gibt weitere: der Berufswahlpass, eine Potenzialanalyse, die Berufsfelderkundung und ein mehrwöchiges Pflichtpraktikum. Darüber hinaus ist es aus unserer Sicht wichtig, dass es auf das Profil einer Schule abgestimmte Maßnahmen wie Ausbildungsmessen, Berufe-Parcours oder die Girls’ Day Akademie für Schülerinnen der Vorabgangs- und Abgangsklassen, die sich für technisch-naturwissenschaftliche Berufsbilder interessieren, gibt.

Antwort der CDU

Wir werden die obligatorische berufliche Orientierung an den Schulen sowie an außerschulischen Lernorten weiter ausbauen, diese stärkenorientiert, klischeefrei und praxisnah gestalten und adressatengerecht bereits in der 4. Klasse damit beginnen. Hierfür streben wir Ziel- Leistungsvereinbarungen mit den Schulen an. Dabei setzen wir auf Maßnahmen und Elemente wie den Berufswahlpass, Potenzialanalysen, Werkstatt- Tage, Praktika, Schülerfirmen, Tage der beruflichen Bildung, Berufsmessen, die Einladung von Unternehmern und Unternehmerinnen in Schulen sowie eine wirksamere Einbindung der Eltern. Wir werden dabei sowohl Berufsorientierungskräfte der Agentur für Arbeit als auch Praktiker aus Unternehmen einbinden. Um spätere Ausbildungsabbrüche möglichst zu vermeiden, setzen wir neben einer kompetenten Beratung und engen Begleitung der Jugendlichen durch die Jugendberufsagentur im Vorfeld auf  ausbildungsbegleitende Hilfen im Bedarfsfall.

Antwort der FDP

Wir wollen die Berufsorientierung in den Schulen weiter stärken. Hier bieten insbesondere die vielen Quer- und Seiteneinsteiger und -Einsteigerinnen eine große Chance. Sie bringen anders als reine Lehrkräfte Erfahrungen aus anderen Berufsfeldern und der Wirtschaft in die Schulen. Dieses Potential müssen wir unbedingt nutzen.

Antwort der SPD

Die Vermittlung von Arbeits- und Lebensorientierung ist in Bremer Schulen in allen Schulformen über das gesamte Schulleben hinweg Querschnittsaufgabe aller Fächer. Berufsorientierung beginnt in Oberschulen und Gymnasien ab Kl. 5 mit WAT-Unterricht und dem Girls’/Boys‘ Day, setzt sich u. a. fort mit dem Berufswahlpass/E-Portfolio ab Kl. 7, der Potenzialanalyse und den Werkstatttagen in Kl. 8, mit den Schulpraktika ab Kl. 8 und dem Itslearning-Begleitkurs für alle Schüler:innen Jg. 9/10 und Q1. Insbesondere zur Durchführung der Praktika oder auch zur Zusammenarbeit bei Unterrichtsangeboten gibt es zahlreiche Kontakte von Schulen zu Betrieben, Verbraucherschutzorganisationen oder auch anderen Akteuren des wirtschaftlichen Lebens. In Bremen gibt es eine Vielzahl an Schüler*innenfirmen, in denen Schüler:innen mit Lehrkräften eine Geschäftsidee entwickeln, produzieren und vermarkten. Schüler*innen , die bei der Berufsorientierung besonders viel Unterstützung benötigen, wollen wir frühzeitig Berufsbegleiter:innen zur Seite stellen.