SUPERWAHLJAHR 2021

WAHLPRÜFSTEINE MECKLENBURG-VORPOMMERN

Das Bündnis Ökonomische Bildung Deutschland (BÖB) ist ein von Lehrkräften, Verbänden, Stiftungen, Wirtschaft und Wissenschaft getragener gemeinnütziger Verein. Unser Ziel ist die Stärkung der ökonomischen Bildung als Lösungsfaktor zur Bewältigung aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen und Förderung von Teilhabe und Chancengerechtigkeit. Deswegen geben wir dem Anliegen der ökonomischen Bildung eine Stimme, schärfen das gesellschaftliche Bewusstsein für die grundlegende Bedeutung der ökonomischen Bildung, fördern die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Hochschulen, Behörden, Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft und schaffen Gelegenheiten zum Austausch von Erfahrungen und Best Practices. Mit den folgenden Fragen wenden wir uns an ausgewählte Parteien, die sich um den Einzug in den 8. Landtag des Landes Mecklenburg-Vorpommern bewerben.

Hinweis: Die Antworten der Freien Wähler liegen noch nicht vor.

1. Zur Stärkung der ökonomischen Bildung im allgemeinbildenden Schulwesen

In Baden-Württemberg steht seit 2016 das Schulfach „Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung“ für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend auf dem Stundenplan, in NRW wurde 2019 „Wirtschaft-Politik“ eingeführt. Welche Schritte werden Sie im Falle einer Regierungsbeteiligung unternehmen, um die laut Experten dringend benötigte Stärkung der ökonomischen Bildung in allen Schulformen und in der Lehrkräfteausbildung auch in Mecklenburg-Vorpommern voranzutreiben?

Antwort BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es das Fach AWT bzw. Wirtschaft für die Regionale Schule 7-10 und das Gymnasium 7-10 bzw. 11.-12. Darum sehen wir keinen grundsätzlichen Bedarf für ein neues Schulfach. Im Fall eine Regierungsbeteiligung wollen wir das vernetzte und fächerübergreifende Lernen stärken. Themenkomplexe wie etwa Europa, Klimawandel oder Demokratie können in vielen Fächern gemeinsam und vernetzt vermittelt werden. Gerade ökonomische Zusammenhänge können so besser erfahrbar gemacht werden.

Antwort der CDU

Die CDU M-V setzt sich dafür ein, den Rahmenplan AWT der verschiedenen Schulformen zu überprüfen und zu modernisieren. Hier ist eine Stärkung der ökonomischen Bildung zwingend.

Antwort der FDP

Wir Freie Demokraten Mecklenburg-Vorpommern sind davon überzeugt, dass eine umfassende ökonomische Bildung ein wesentlicher Grundstein für ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben ist. Darum brauchen wir an den Schulen ein verpflichtendes Schulfach dafür. Das Zusammenfassen von so unterschiedlichen Fächern wie Geografie, Geschichte und AWT zu einem „Superfach“ Gesellschaftswissenschaften, wie es die Landesregierung aktuell plant, lehnen wir ab. Wirtschaft muss ein eigenständiges, verpflichtendes Fach sein, das von darin qualifizierten Lehrern unterrichtet werden muss.

Antwort der SPD

Ökonomische Bildung ist in Mecklenburg-Vorpommern bereits fächerübergreifender Bestandteil der Schulbildung, insbesondere in den Fächern AWT, Wirtschaft (ab Klasse) und Sozialkunde. Im Rahmenplan Wirtschaft für die gymnasiale Oberstufe sind die Grundlagen unseres Wirtschaftssystems, der Marktmechanismus, die Wirtschaftsordnung und weltwirtschaftliche Herausforderung grundsätzlicher Bestandteil des Unterrichts. Durch die Aneignung systematischen und strukturierten Wissens werden die Schülerinnen und Schüler befähigt, die ökonomische Situation vor dem Hintergrund politischer, rechtlicher, gesellschaftlicher und technischer Gegebenheiten auf die ihnen zu Grunde liegenden systemischen Zusammenhänge und Legitimationen zu analysieren und kritisch einzuordnen. Dies soll es ihnen möglich machen, auf Sachkenntnis beruhende selbstständige Urteile zu bilden und eigene Entscheidungen zu treffen sowie sich persönliche Handlungsräume zu eröffnen und die Urteils-, Mitsprache- und Partizipationsfähigkeit herauszubilden.
An dieser Stelle ist es natürlich wünschenswert, dass Lehrkräfte auch Praxisbeispiele der eigenen wirtschaftlichen Verantwortung vermitteln, damit die zukünftigen Absolvent*innen ihre eigenen Interessen wahrnehmen können. Die Schülerinnen und Schüler sollen im Unterrichtsfach Wirtschaft eine umfassende ökonomische Bildung erlangen, die sie insbesondere zu lebenslangem Lernen qualifiziert – dazu zählen explizit die eigene ökonomische Mündigkeit im Rahmen einer analytischen Kompetenz sowie Urteils- und Handlungskompetenz, um reflektierte ökonomische Urteile auch im außerschulischen Kontext treffen zu können. Für den Leistungskurs sind hier auch das Steuersystem, Arbeitsgesellschaft, Strukturpolitik und Einkommensentstehung sowie –verteilung als Unterrichtsbestandteile vorgesehen. Auch im fächerübergreifenden Kontext der Bildung für nachhaltige Entwicklung spielt die ökonomische Bildung eine entscheidende Rolle. Für das Fach AWT in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 der Regionalen Schulen, Gesamtschulen und am Gymnasium sind ähnliche Unterrichtsbestandteile vorgesehen. Hier wird verstärkt die integrierte Berufsorientierung im Unterricht berücksichtigt. Sie ist jedoch nicht ausschließlich im Fach AWT anzusiedeln. Hier sind zudem beispielsweise Produktherstellungswissen, Produktwerbung, Wohnbedürfnisse und Wohneigentumsformen sowie Wissen zu Mietverträgen und Kostenberechnungen sowie Potentialanalysen als praktisches Wissen Bestandteil des Rahmenplans, das für den (aktuellen und/oder späteren) Lebensalltag von großer Bedeutung ist.
Aktuell wird auf Initiative des SPD-geführten Bildungsministeriums hin eine Anhörung zum Verbundfach Gesellschaftswissenschaften gestartet, in dem dann die Fächer, Geschichte, Geografie und AWT versammelt werden sollen, um in der Stundentafel mehr Platz für einen globalen Lernansatz für fächerübergreifende Themenblöcke zu schaffen und damit den komplexen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft sowie der Vermittlung und Erarbeitung von Lösungsansätzen in einem holistischen Ansatz bestmöglich gerecht zu werden und darüber hinaus zu zeigen, dass ökonomische, ökologische, politische und geografische Zusammenhänge kaum voneinander getrennt darstellbar sind. So soll ein ganzheitliches Verständnis gefördert werden.
Die Rahmenplankommission Gesellschaftswissenschaften ist seit Mitte August 2020 mit der Erstellung passgenauer Rahmenplaninhalte befasst. Sie setzt sich aus Lehrkräften der betroffenen „Verschmelzungsfächer“ zusammen und wird von universitären Vertreterinnen und Vertretern der korrespondierenden Fakultäten beraten. Bei der Erarbeitung des neuen Faches wird auf Erfahrungen aus anderen Bundesländern (Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Berlin/Brandenburg) zurückgegriffen. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es seit 2004 mit dem verbindlichen Fach Weltkunde, an Gesamtschulen, ein den dargestellten Zielvorstellungen entsprechendes Fach.
In Zeiten der Corona-Pandemie stehen die Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, vor besonderen Herausforderungen: schulische und außerschulische Berufsorientierung, Präsenzpraktika in Betrieben, Berufsberatung, Ausbildungsmessen etc. finden kaum mehr statt und die Vielfalt von Online-Angeboten erreicht nicht alle Jugendlichen. Benachteiligte Jugendliche benötigen daher persönliche Anleitung, um im Berufsorientierungsprozess wieder durchstarten zu können, leistungsstärkeren Schülerinnen und Schülern fehlen auf der Zielgeraden ihrer Berufswahl praktische Hilfen, um ihre Berufswahlentscheidung finalisieren zu können.
Auf Landesebene soll ein besonderer Fokus auf die Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen und hier vor allem auf die Abschlussjahrgänge gelegt werden. Hierzu wurde in Federführung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam mit dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern eine Ausbildungskampagne unter dem Titel „BOM PLUS“ speziell für die Abschlussjahrgänge aufgelegt. Das gemeinsame Ziel der Kampagne ist es, die zu erwartende pandemiebedingte Ausbildungslücke weitgehend zu schließen. Hierzu haben wir im Landtag Mecklenburg-Vorpommern Sondermittel aus dem Schutzfonds M-V in Höhe von insgesamt 4,55 Mio. EUR für 24 Monate bereitgestellt.

2. Lehrkräfteaus-, -fort- und -weiterbildung im Bereich Wirtschaft und Berufsorientierung

Angesichts der gravierenden Veränderungen, die sich in der Wirtschaft abzeichnen, ist zur sachgerechten, pädagogisch sinnvollen Behandlung ökonomischer Sachverhalte im Schulunterricht einschließlich ihrer ethischen, gesellschaftlichen und ökologischen Aspekte eine kontinuierliche, qualitativ hochstehende fachliche und fachdidaktische Fort- und Weiterbildung der zuständigen Lehrkräfte wichtiger denn je. Welche Schritte werden Sie im Falle einer Regierungsbeteiligung unternehmen, um Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich der ökonomischen Bildung und die Teilnahme von Schulen und Lehrkräften an diesen zu fördern?

Antwort BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Wir GRÜNEN wollen das Weiterbildungs- und Fortbildungssystem grundsätzlich ausbauen und verbessern. Dabei wollen wir auch verstärkt auf digitale Angebote setzen, die in einem Flächenland wie MV den Zugang deutlich erleichtern. Die Ökonomie ist dabei in der Tat ein Bereich, der besonders schnellen Veränderungen unterworfen ist. Darauf müssen auch Aus- und Weiterbildung Rücksicht nehmen. Wir legen aber zugleich Wert auf bessere Angebote im Bereich Inklusion und Medienbildung.

Antwort der CDU

Die CDU M-V setzt sich grundsätzlich für eine Stärkung des Weiterbildungsangebotes ein, dies umfasst auch den Bereich der ökonomischen Bildung. Um eine Erhöhung der Teilnehmerzahlen zu erreichen, sind die Angebote weiterzuentwickeln – beispielsweise durch flexible, digitale Formate – und die Möglichkeit des zeitlichen Ausgleichs zu prüfen.

Antwort der FDP

Gerade in dem Fach Wirtschaft ist es wichtig, dass in der Ausbildung der Lehrkräfte auch Praxiselemente enthalten sind. Wir Freie Demokraten Mecklenburg-Vorpommern wollen das Lehramtsstudium insgesamt weiterentwickeln, um neben der Vermittlung von theoretischen Grundlagen auch vermehrt den Bezug zur Praxis der Lehrertätigkeit bereits im Studium herzustellen. Auch ist die Vernetzung mit der Wirtschaft ein wichtiges Element, um zusätzliches, aktuelles und praxisorientiertes Know-how an die Schulen zu holen. Auch das wollen wir ausbauen.

Antwort der SPD

Die Antwort zu Frage 1 zeigt auf, inwieweit für die Lehrkräfte der Fächer AWT und Wirtschaft die entsprechenden Inhalte des Rahmenplans auch Bestandteil der Lehrkräfteausbildung sind. Eine umfassende Vorbereitung erfolgt an den lehrerbildenden Universitäten unseres Landes.
Auch das Fort- und Weiterbildungsrepertoire für Lehrkräfte hält fächerübergreifend vielfältige Module im Bereich der ökonomischen Bildung bereit. Dazu kommen aktuell viele Fort- und Weiterbildungen mit Querschnittsthemen wie Medienbildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) sowie im Rahmen der Inklusion. Besonders im Rahmen der BNE und Medienbildung sind ökonomische Zusammenhänge Bestandteil der Fort- und Weiterbildung.

3. Eine nationale Strategie für ökonomische Bildung in Deutschland

Im internationalen Vergleich fällt auf, dass Deutschland bis heute keine nationale Strategie für ökonomische Bildung einschließlich ihrer Teilbereiche wie Finanzbildung oder „Entrepreneurship Education“ hat. Experten sehen Handlungsbedarf, weil Schülerinnen und Schülern in Deutschland wichtige Kompetenzen zur Lebensbewältigung und zur gesellschaftlichen Teilhabe fehlen. Wie stehen Sie zu der Idee, gemeinsam mit dem Bund, den Bundesländern und der KMK entsprechend einer Empfehlung der OECD auf die Entwicklung einer nationalen Strategie für Finanzbildung bzw. ökonomische Bildung in Deutschland hinzuwirken?

Antwort BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Eine solche Strategie halten wir grundsätzlich für sinnvoll, soweit das Ziel darin besteht, die Schülerinnen und Schüler zu einem selbstbestimmten und kritischen Agieren zu befähigen. Ökonomische Bildung muss aus unserer Sicht zudem mehr Gewicht im Bereich des Lebenslangen Lernens erhalten.

Antwort der CDU

Die CDU M-V begrüßt eine Stärkung der ökonomischen Bildung in Deutschland und sieht die Notwendigkeit, entsprechendes Wissen in der Schule zu vermitteln. Die CDU M-V unterstützt einen Dialogprozess mit allen Akteuren, wie dieses Ziel – beispielsweise im Rahmen einer nationalen Strategie – erreicht werden kann.

Antwort der FDP

Die Freien Demokraten Mecklenburg-Vorpommern setzen sich ausdrücklich für eine stärkere Verankerung ökonomischer Inhalte im deutschen Schulsystem ein. Bund und Kultusministerkonferenz sollten hier wichtige Impulse liefern, die eine Implementierung auf Landesebene erleichtern. Vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen gewinnt eine fundierte ökonomische und politische Bildung immer mehr an Bedeutung. Eine frühzeitige ökonomische Bildung stärkt die Eigenständigkeit und fördert die gesellschaftliche Partizipation junger Menschen. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der Allgemeinbildung.

Antwort der SPD

Eine enge Kooperation der Bundesländer auf KMK-Ebene gemeinsam mit dem BMBF kann in diesem Bereich sicherlich einen gewinnbringenden Fortschritt für die zukünftigen Schulabsolvent*innen bringen. Wie in Antwort 1 skizziert umfassen die Rahmenpläne in unserem Bundesland jedoch bereits umfassend die vielfältigen Facetten der ökonomischen Bildung. Im Interesse der Schülerinnen und Schüler ist ein Grundmaß an essenziellen Unterrichtsbestandteilen im Rahmen der ökonomischen Bildung, die bundesweit gleichermaßen unterrichtet werden, natürlich insofern wünschenswert als dass die geografische Lage der Schule nicht gravierend divergent über den Grad des ökonomischen Wissens für den weiteren Lebensweg entscheiden sollte.
Im Rahmen der beruflichen Bildung ist mit Blick auf die besondere aktuelle Situation unter Betrachtung der Bundesebene zudem die Initiative der Allianz für Aus- und Weiterbildung zu nennen, die am 17.03.2021 die „Gemeinsame Aktion der Allianz für Aus- und Weiterbildung zur Stärkung von Ausbildungsbetrieben und jungen Menschen in der Corona-Pandemie“ beschlossen hat. Mit der Kampagne soll die duale Ausbildung als attraktives Erfolgsmodell mit Zukunft ins Bewusstsein der Jugendlichen gebracht werden. Im „Sommer der Berufsausbildung“ (#AusbildungSTARTEN) wollen die Partner der Allianz für Aus- und Weiterbildung von Juni bis Oktober 2021 bei jungen Menschen und Betrieben für dieses Erfolgsmodell werben. Mit Themenaktionstagen und einer breiten Auswahl an Veranstaltungen auf Bundes-, Landes- und regionaler Ebene sollen die vielfältigen Unterstützungsangebote bekannt gemacht werden. So soll das Vertrauen in die duale Berufsausbildung gestärkt und junge Menschen und Betriebe für eine Ausbildung im kommenden Ausbildungsjahr gewonnen werden.